Finn
Finn, unser Prinz Charming ist 6 Jahre und intakt, er wurde als Welpe aus Rumänien nach Deutschland vermittelt. Er lebte bei einer jungen Frau und mit steigendem Alter begannen die Probleme. Geschirr anziehen, körperliche Manipulationen, Ressourcen, anfassen-wenn er das nicht wollte- begann er mit knurren und drohen und später schnappen zu quittieren. Seine Besitzerin versuchte die Probleme zu umschiffen und ließ ihn jedesmal in Ruhe, wenn er seinen Unmut kund tat. Das führte leider dazu, dass Finn immer weniger duldete und trotz massiv deeskalierenden Verhalten seiner Besitzerin immer mehr auf seinem Standpunkt verharrte.
Mit der Pubertät begann schließlich auch das territoriale Verhalten stärker zu werden und man entschloss sich, nachdem er auch noch den Zweithund attackierte, für eine Abgabe im Tierheim. Dort war er die ersten Monate sehr umgänglich und nett, Gassigeher wurden freudig empfangen und es gab eigentlich keine Probleme.
Doch je mehr sich eine Person mit ihm beschäftigte, umso schwieriger wurde es mit dieser Person. Ein Stammgassigeher wollte Finn plötzlich nicht mehr aus dem Gehege lassen und schnappte zu. Später biss er auch eine Tierpflegerin, obwohl diese die schwierige Situation erkannte und versuchte zu intervenieren. Sie war mit ihm im Zwinger, wollte ihn ableinen, da drohte er schon, einen geordneten Rückzug mit netten Worten ihrerseits ließ Finn aber nicht zu und biss sie in die Hand, hielt den Biss auch kurz. Kurz danach kam Finn zu uns.
Der erste Tag bei uns bleibt mir in Erinnerung, da Finn das Gelände betrat und ausgerechnet unseren Herdenschutzhund, ein mit Hunden sehr wohlwollender und fairer Hund, den hier aber niemand in Frage stellt, massiv provozierte. Den Rest der Gruppe ignorierter er und steuerte zielstrebig auf den Maremmano zu.
Mit Menschen zeigte er zunächst ein ähnliches Bild wie im Tierheim. Völlig fremde Personen wurden von Finn von Anfang an überschwänglich „begrüßt“, meist zog er eine richtige „Show“ ab mit rumtänzeln, pföteln, den Bauch präsentieren (dabei aber mit direkten Blickkontakt).
Wenn diese nichts weiter von ihm wollten, blieb er freundlich neutral, teils sogar aufdringlich, aber prinzipiell freundlich.
Wenn man sich länger mit ihm beschäftigte, kam allerdings ebenso der Punkt, wo er plötzlich Dinge, die einen Tag vorher noch ok waren, in Frage stellte und dann auch sehr ungemütlich wurde.
In seiner Junghundezeit hat er offenbar erfolgreich gelernt, sich mit drohen und Zahneinsatz alles aus seiner Sicht Unnötige vom Hals zu halten. Frust ertragen, mal etwas Aushalten, was gerade nicht so angenehm ist, all die Dinge fallen ihm schwer. Dabei war er allerdings offensiv, zeigte wenig defensive Körperhaltungen.
Bei uns musste er die Erfahrung machen, dass sein Verhalten nicht zum Ziel führt und wir nicht zurückweichen, wenn er uns attackiert. Bisher hatte ihn noch nie jemand etwas entgegen gesetzt oder war beständig geblieben.
Hier fiel er so ein bischen auf den Boden der Tatsachen und lernte, was sein und was unser Tanzbereich ist Dabei muss man nicht unfair oder mit starkem Zwang arbeiten, im Gegenteil, freundliche Standhaftigkeit war gefragt und im Gegenzug muss sich seine Kooperation dann auch für ihn lohnen. Wichtig war, dass er „sein Gesicht waren darf“ und nicht einfach abgestraft wird, sondern lernen kann, dass Dinge aushalten und sich zurücknehmen auch für ihn lohnen kann. Aber eben auch, dass es indiskutable Grenzen gibt und keine Welt zusammen bricht, wenn man in diese verwiesen wird. Mittlerweile ist Finn sehr umgänglich geworden, er hat sogar ein paar Artgenossen-Freunde gefunden (was anfangs so eine Sache war, weil er es den anderen echt schwer machte, ihn zu mögen).
Er sucht ein Zuhause bei standhaften Menschen, die wohlwollend Grenzen setzen können, ohne unfair zu werden, sein autarkes Wesen mögen und sehr klar kommunizieren können. Wie bei fast allen unserer Schützlinge erfolgt keine Vermittlung in Haushalte mit Kindern.
Interessenten melden sich bitte über unser Kontaktformular.
Lenny