Bis das der Tod uns scheidet

 

Juni 2021


 

Konflikte austragen- das können wir vor Allem virtuell.

Da fliegen die Fetzen auf sozialen Plattformen, wir streiten uns über verschiedene Themen, diskutieren detailliert und manche sind nicht zimperlich dabei, Andersdenkende von Ihrer Meinung zu überzeugen. Es wird stur auf dem eigenen Standpunkt verharrt, nicht selten beleidigt und diffamiert und die eigene, subjektive Meinung wird meist als die Wahrheit überhaupt angesehen.

Ich wünschte mir, viele Menschen hätten nur einen Bruchteil von dem Standing wie im anonymen www gegenüber ihren Hunden. Nicht dem beleidigenden, gewaltvollen, wohl aber das Vertreten des eigenen Standpunktes, der Konfliktfähigkeit.

Die ist scheinbar vielen verloren gegangen.

Wir haben wie viele andere vor nicht allzu langer Zeit davor gewarnt. Vor der Welle, der Welle der Corona Hunde. Nun ist sie da, und sie fängt gerade erst an. Und sie macht uns Angst. 

Viele der sorglos angeschafften Designermischlinge, der im Katalog bestellten Importhunde müssen wieder weg. Sie sind unbequem geworden. Viele sind verhaltensauffällig, einige haben schon gebissen.

Tagtäglich bekommen wir- wie viele andere Einrichtungen für schwierige Hunde und Tierheime auch - Anfragen, ob wir bissige Hunde aufnehmen können.

Es darf in der Regel nichts kosten, es muss schnell gehen und man möchte dabei ein gutes Gefühl haben.

„Eigentlich ist er ja ein toller Hund“- dieser Satz bringt mich mittlerweile auf die Palme. Ja zum Teufel, warum kneift ihr dann nicht die Arschbacken zusammen und arbeitet mit dem Hund? Warum sind wir im virtuellen Raum so streitlustig und konfliktbereit, im wahren Leben aber nicht in der Lage, Dinge mit unserem Hund durchzustehen? Konflikte auch mal anzunehmen, auszuhalten und die Komfortzone zu verlassen?

Das Gegenüber zu fühlen, zu verstehen und sich auch mal richtig streiten zu können.

Aber Fehlanzeige. „Er passt nicht unser Leben, woanders hat er es besser, so wurde er nicht beschrieben...“- Tausendundeine Ausrede für das eigene Versagen. Oder Selbstmitleid.

Und der Tierschutz wird’s schon richten. 

Oder eben nicht. Weil es irgendwann keine Plätze mehr gibt. 

Wohin mit all' den auffällig gewordenen Hunden? Was wird deren Zukunft sein, verwahrt bis ans Lebensende oder aus dem Ausland gerettet um dann hier auf dem kalten Tierarzttisch zu sterben?

Findet man einen Platz für einen auffälligen Hund, rutschen fünf nach.

Ein Fass ohne Boden. Wenn sich nicht bald etwas ändert, werden immer mehr solcher Hunde auf dem Tisch landen. Das ist die traurige Wahrheit.

Was könnte sich ändern?

Was wäre wenn...

Importhunde nur noch über Vereine kommen dürfen, die selber ein Tierheim betreiben bzw in die Pflicht genommen werden, Rückläufer zurück zu nehmen oder zumindest die Kosten dafür tragen, wenn die Tiere in Pensionen unter gebracht werden?

Was wäre wenn...

Das Verkaufen von Lebewesen auf online Plattformen nicht mehr oder nicht mehr so einfach möglich wäre?

Was wäre wenn....

Das auf Profit abzielende Vermehren von Hunden besser kontrolliert bzw unter Auflagen gestellt würde?

Was wäre wenn...

bestimmte Qualzuchten und auch Rassen und Verpaarungen endlich verboten würden bzw mehr sanktioniert würden?

Es sind nur einige der Gedanken, die uns beschäftigen, wie es besser werden könnte. Was man selber oder die Gesellschaft tun könnte.

Aber will es der Großteil der Gesellschaft überhaupt? Ich bin mir da nicht mehr sicher.

Ein Großteil der Menschheit findet trotz Aufklärung weiterhin nasenlose Bulldoggen süß und der blueline Pitbull muss es sein.

Wir kaufen Cujos und können aber eigentlich nur mit Lassies.

Jeden Tag müssen wir Hunden absagen, ungewiss, was mit ihnen passieren wird.

Es tut uns leid, dass wir euch nicht alle retten können.


Wir können euch nur versprechen, dass wir immer wieder versuchen werden, aufzuklären, wach zu rütteln.



Maria Weirauch