Ein Biss passiert meist in der Vergangenheit 

März 2022


In den letzten Tagen ging ein verstörendes Video viral, welches sich in den USA zugetragen hat. Eine Dogsitterin wurde von zwei Kundenhunden massiv verletzt, überlebte die Attacke nur knapp und ist für den Rest ihres Lebens gezeichnet. Beide Hunde galten als normale Familienhunde, waren beim Kennenlernen angeblich unauffällig.
Die Szenen des Polizeieinsatzes und die Folgen der massiven Verletzungen (800 Bisse) hinterlassen auch bei erfahrenen Menschen, deren täglich Brot es ist, mit schwierigen Hunden zu arbeiten, Gedanken. Gedanken über den eigenen Job, ein (wieder) bewusst werden zu was Hunde fähig sein können.

Wir möchten keine allgemeine Panik verbreiten, die meisten Hunde leben gut angepasst mit uns zusammen und verzeihen erstaunlich viele Fehler. Aber es gibt auch diese Hundetypen und Einzelindividuen, von denen ein Potential ausgeht, worunter einige brandgefährlich sind. In der Arbeit mit ihnen steht der Selbstschutz und der Schutz Dritter an oberster Stelle. Ich kann Kollegen nicht verstehen, die sich rühmen mit „Krachern“ ohne Maulkorb zu arbeiten, die stolz ihre Narben präsentieren. Das ist einfach dumm und mehr als verantwortungslos. In Sekundenbruchteilen können Situationen kippen, man kann stolpern oder es kann Trigger geben, die bestimmte Hunde zum eskalieren bringen. Diesen Situationen alleine Herr zu werden kann schwer bis unmöglich werden.

Wann immer ihr mit Hunden mit Potential arbeitet, sichert euch ab, arbeitet zu zweit, niemals alleine. Bildet euch weiter im Selbstschutz und im Erkennen vor Frühwarnsignalen von Hunden. Die meisten schweren Beissvorfälle haben sich lange zuvor angekündigt, ganz selten gibt es Attacken aus dem Nichts. Auch wenn ihr schon viele Jahre mit gefährlichen Hunden arbeitet, werdet nicht fahrlässig, weil ihr es schon so lange macht. Die tägliche Routine kann eine große Gefahr darstellen, „ mal schnell den Maulkorb weglassen, wenn Zeitdruck ist“; „betriebsblind werden“ etc. Es ist wichtig, sich dessen immer wieder bewusst zu werden und Sicherungsmaßnahmen bei bestimmten Hunden ein Leben lang durchzuführen. Ihr habt nur einen funktionsfähigen Körper, auch wenn es wie eine blöde Floskel klingt.
Deshalb verwendet Maulkörbe, wenn der Hund sich als gefährlich gezeigt hat oder ihr ein blödes Bauchgefühl habt. Auch bei Kundenhunden, wenn ihr als Hunde- Betreuer arbeitet. Euer Schutz geht vor. Versteht der Kunde das nicht, lehnt die Zusammenarbeit ab. Egal was Kollegen sagen. Der Maulkorb ist zu Unrecht immer noch viel zu sehr tabuisiert und verächtet. Wie viele Vorfälle hätten vermieden werden können, wäre der Hund abgesichert gewesen? Ansonsten können wir uns neben dem Selbstschutz nur schulen imErkennen von Verhaltenstendenzen, von Handlungsweisen im Hundeverhalten, die uns Hinweise geben. Hinweise auf unschöne Entwicklungen, auf Anzeichen von höchst problematischen Verhalten bzw. deren Vorboten. Damit wir intervenieren können. Wir werden niemals alle Vorfälle verhindern können, es sind und bleiben Lebewesen. Auch ist Angst kein guter Ratgeber. Wohl aber Vorsicht und Verantwortung.

In diesem Sinne, bleibt gesund und immer schön absichern!

Maria Weirauch